Stützmaßnahme


Die Stützmaßnahme von Reinecke&Wimmer funktioniert, weil wir uns nie ganz sicher sein können, ob das, was sie so stützen, auch stützenswert ist, bzw. ob diese Kunst der Bildhauerei nicht auch einen praktischen Grund haben könnte. Ist also das Münchner Stadtmuseum schon wieder Baustelle? Ist es einsturzgefährdet? Kann ich es wagen, die Ausstellung zu betreten?


Diese Verunsicherung, mittels simpler Baustützen zwischen Boden und Decke ökonomisch inszeniert, könnte zunächst als eine Fortsetzung jener Taktik Valentins begriffen werden, den Besuchern seines Panoptikums durch eine schwankende Hängebrücke, den scheinbar tätigen Anstreicher oder lebensgefährlichen Fahrstuhl jenes Maß an einvernehmlicher Sicherheit zu nehmen, das für den Besuch einer Ausstellung eigentlich gegeben sein sollte.


Doch Reinecke&Wimmer interessiert auch jene Eigendynamik, die den Baustützen in Funktion zwangsläufig inhärent ist, um durch gespannten maximalen Druck auf obere und untere Flächen Standfestigkeit zu erzielen. Zudem dominieren und verwandeln diese schmalen und gleichzeitig schweren bildhauerischen Werkzeuge den Raum in eine begehbare kinetische Skulptur. Stützmaßnahme verbindet kompromisslos und elegant Verunsicherung, Raumspannung und -zeichnung zwischen Affekt, Anschauung und Raumerfahrung.


Michael Glasmeier